Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,

das „eine Wort“, welches ich an dieser Stelle heute ansprechen möchte, lautet „Haushalt“. Auch wenn dies eine ähnlich abschreckende Wirkung hat wie „Steuererhöhung“, bitte ich Sie, dennoch weiterzulesen.

Aktuell werden die Bürger und Betriebe in Rheinland-Pfalz mit deutlichen Erhöhungen der Grund- und Gewerbesteuern konfrontiert. Diese Thematik beschäftigt auch die Mitglieder in den Ortsgemeinderäten und im Stadtrat in der Verbandsgemeinde (VG) Unkel intensiv, die diese Erhöhungen beschließen müssen. „Müssen“ ist hierbei der treffende Ausdruck, da den Räten von der Kommunalaufsicht des Landkreises Neuwied keine andere Wahl gelassen wird.

Die Kommunalaufsicht wird ihrerseits vom Land Rheinland-Pfalz und den Gerichten angehalten, die gesetzlichen Vorgaben einzuhalten. Demnach hat jede Kommune jährlich einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen. Dieses „Haushaltsausgleichsgebot“ können die Kommunen in der VG Unkel schon seit Jahren nicht einhalten, da bereits die „normalen“ Ausgaben, zu denen sie verpflichtet sind, ihre Einnahmen überschreiten.

Denn: Zusätzlich zu ihrem eigenen Finanzbedarf müssen Bruchhausen, Erpel, Rheinbreitbach und die Stadt Unkel auch eine Verbandsgemeinde- und eine Kreisumlage zahlen. Was heißt das?

Der VG-Haushalt ist ebenso wie der Haushalt des Kreises Neuwied ein sogenannter Umlagehaushalt. Dies bedeutet, dass der Finanzbedarf der VG im Wesentlichen von den Ortsgemeinden und der Stadt Unkel durch eine „Verbandsgemeindeumlage“ gedeckt wird – was Sinn macht, da die Verbandsgemeindeverwaltung ja in Auftragsübernahme für die Bürgerinnen und Bürger sowie die Unternehmen der Ortsgemeinden und der Stadt Unkel tätig ist.

Bezogen auf das Steueraufkommen der Gemeinden und der Stadt wird daher über den Verbandsgemeinderat ein Prozentsatz an deren Einnahmen festgelegt, den die Kommunen an die Verbandsgemeinde zur Finanzierung ihrer Tätigkeiten abzutreten haben.

Dieser Verteilungsschlüssel konnte in den letzten Jahren sehr niedrig gehalten werden. Diese Umlagesatz musste nun durch Veränderungen bei Einnahmen und Ausgaben der Verbandsgemeinde deutlich nach oben angepasst werden – dies verschärft die finanzielle Situation der Gemeinden:

  • Durch eine Änderung des Landesfinanzausgleichsgesetzes (LFAG) erhält die VG Unkel über 900.000 € weniger vom Land.
  • Die gestiegenen Energiekosten belasten die VG Unkel mit zusätzlichen rund 330.000 €.
  • Die Instandhaltungsmaßnahmen des nunmehr 30 Jahre alten Verwaltungsgebäudes und der Hochwasserschutz schlagen im Jahre 2023 mit rund 600.000 € zu Buche -wobei eine Maßnahmenverschiebung noch deutlich teurer zu stehen kommen würde.
  • Die tarifliche Lohnerhöhung der Mitarbeiter in der VG Unkel steigert die Lohnsumme um weitere 250.000 €.

Hinzu kommen die Kosten für eine angemessene Personalausstattung zur Erfüllung der weiter wachsenden Verwaltungsaufgaben: Sowohl unsere kommunalen Gremien als auch die Kommunalaufsicht hat die Notwendigkeit der personellen Verstärkung nach intensiver Prüfung bestätigt, so dass wir in diesem Jahr zehn neue Kolleginnen und Kollegen begrüßen werden. Der Personalschlüssel unserer Verbandsgemeindeverwaltung wird jedoch weiterhin deutlich unter dem der Nachbarkommunen liegen. Dies ist dem außerordentlichen Einsatz unserer Mitarbeiter zu verdanken, für den ich mich auch an dieser Stelle ausdrücklich bedanken möchte. Die hierdurch entstehenden Mehrkosten werden sich in diesem Jahr auf rund € 700.000 € belaufen

Alleine durch diese vorgenannten Handlungszwänge steigt der Finanzbedarf der VG Unkel auf 6,2 Millionen € in diesem Jahr an – Geld, das über die Umlage aufgebracht werden muss.

Neben diesen Belastungen auf VG-Ebene zahlen die Kommunen wie schon angesprochen auch eine Umlage an den Kreis. Diese „Kreisumlage“ liegt seit Jahren über dem Durchschnitt der rheinland-pfälzischen Landkreise. Und bei all diesen Belastungen wird von den Kommunen dennoch gefordert, dass sie das Haushaltsausgleichsgebot einhalten – gefordert ist also eine Quadratur des Kreises.

Zur „Lösung“ verlangen die Gerichte von den Kommunen „bei der Ausschöpfung ihrer Einnahmepotenziale und Ausnutzung von Einsparpotenzialen“ ausdrücklich eine „größtmögliche Kraftanstrengung“. Hinsichtlich der genannten „Ausschöpfung der Einnahmepotenziale“ wird von den Aufsichtsbehörden auf Steuererhöhungen gedrängt. So wurde bereits gerichtlich bestätigt, dass eine Erhöhung der Grundsteuer B auf 995% rechtlich zulässig sei.

Bezüglich der „Ausnutzung von Einsparpotenzialen“ sind in Kommunen ohne ausgeglichenen Haushalt bereits seit Jahren „freiwilligen Ausgaben“ untersagt. Ich bin gespannt, wann die ersten ehrenamtlichen Bürgermeister von der Kommunalaufsicht wegen „Untreue“ angezeigt werden, wenn sie ihren Vereinen eine Spende oder ihren Jubilaren ein Präsent zukommen lassen.

Es ist absolut verständlich, dass sich die Mitglieder aller Räte in Rheinland-Pfalz sehr schwer damit tun, ihren Bürgern in den aktuellen Zeiten Steuererhöhungen zuzumuten. Doch welche Alternativen gibt es hierzu? Die von der Kommunalaufsicht geforderten Steuererhöhungen zu verweigern? Dies haben schon einige Kommunen versucht mit der Folge, dass der Haushalt beanstandet oder Fördermittel für Maßnahmen gestrichen wurden. Dies wurde für die Kommunen und ihre Bürger dann häufig noch teurer als die erzwungenen Steuererhöhungen.

Der Stadtrat und die Ortsgemeinderäte stehen somit ein Jahr vor der nächsten Kommunalwahl vor schwierigen Entscheidungen oder haben diese bereits gefällt. Ich hoffe, mit diesen Zeilen die Komplexität des Themas etwas verständlicher und den Respekt für die schwierige ehrenamtliche Arbeit unserer Mandatsträger verstärkt zu haben.

 

Mit freundlichen Grüßen 

 

Karsten Fehr
Bürgermeister der Verbandsgemeinde Unkel

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