Auch ohne Corona ist es für die Kommunen immer schwieriger
geworden, ausreichend Wahlhelfer*innen zu finden. Dies nicht nur bei den
Kommunalwahlen, bei denen die Wahlhelfer*innen häufig nicht nur den Wahltag,
sondern auch einen großen Teil der Nacht in den Wahllokalen verbringen dürfen.
Zwar ist die anstehende Landtagswahl einfacher auszuzählen, doch aufgrund der
Empfehlungen des Gesundheitsministeriums wird ein erheblicher personeller
Mehrbedarf für die ständigen Reinigungsarbeiten notwendig. So wären z.B. die
Wahlkabinen nach jeder Stimmabgabe zu desinfizieren. Desweiteren kommen auf die
Kommunen erhebliche Mehrkosten zu, die z.B. durch die anzuschaffenden
Plexiglasscheiben („Spukschutzwände“), Hygienemittel, Absperr- und
Markierungseinrichtungen entstehen. Ob die weitere Empfehlung, jeder Wählerin
und jedem Wähler zur Stimmabgabe einen eigenen Kugelschreiber zu übereignen,
sinnvoll ist, mag dahinstehen. Bei den Kommunalwahlen in NRW wurden die
Wähler*innen gebeten, einen eigenen Kugelschreiber mitzubringen. Diese
pragmatische Lösung stößt in RLP zu meinem Unverständnis leider auf Bedenken,
da hierdurch das Wahlgeheimnis nicht mehr gewahrt wird. Die Gefahr, dass man
die Stimmabgabe von Herrn oder Frau Mustermann dadurch erkennt, dass sie immer
mit lila oder einer anderen ungewöhnliche Farbe schreibt, sehe ich als
unbedeutend an. Wer sicher sein möchte, dass das Wahlgeheimnis gewahrt bleibt,
wählt dann halt mit blau oder schwarz. Diese Eigenverantwortung sollte man
jedem Wähler und jeder Wählerin zutrauen.
Das zu wahrende Briefgeheimnis wird auch häufig als Argument
gegen eine Briefwahl ins Feld geführt. Es sei nicht gewährleistet, dass die
Stimme zu Hause tatsächlich im stillen Kämmerlein abgegeben wird. Das ist zwar
richtig, aber meines Erachtens auch nicht unbedingt notwendig. Denn auch hier
ist eine Frage der Eigenverantwortung, ob man das Wahlgeheimnis hütet oder (wie
insbesondere bei Kommunalwahlen mit den mehr als ellenlangen Wahlvorschlägen
üblich) am Küchentisch und ggfs. auch in der Diskussion mit der Familie seine
Stimme abgibt. Das Wichtigste ist, dass überhaupt gewählt wird und dass die
Stimme persönlich abgegeben wird.
Ich bin mir sicher, dass die Wahlbeteiligung durch eine
reine Briefwahl erhöht wird. Und auch die persönliche Stimmabgabe ist durch
unser Briefwahlsystem gesichert.
Für die Ermöglichung der Briefwahl gibt es m.E. drei
Möglichkeiten.
Entweder wird in Wahlkreisen oder Stimmbezirken mit
besonders hohen Infektionszahlen die Möglichkeit geschaffen, die Briefwahl
verpflichtend durchzuführen. Dies dürfte wegen des zu wählenden Stichtages für
die Feststellung der besonders hohen Infektionszahlen und des notwendigen
Vorlaufs für eine Brief- oder Urnenwahl schwierig sein.
Oder es wird den Wahlkreisen und Stimmbezirken selbst
überlassen, ob sie die reine Briefwahl durchführen möchten. Hier könnte als
Stichtag für die Entscheidung bzw. Meldung an den Landeswahlleiter z.B. der
31.12. gewählt werden. Somit würde frühzeitig Klarheit herrschen. Der Nachteil
hierbei könnte jedoch sein, dass es auch bei der Durchführung der Landtagswahl
einen Flickenteppich in Rheinland – Pfalz gibt, wie wir ihn deutschlandweit
schon bei zu vielen Corona-Schutzmaßnahmen erleben mussten.
Schließlich könnte gesetzlich geregelt werden, dass die
Landtagswahl 2021 komplett als Briefwahl stattfinden kann. Hierdurch würden
nicht nur erhebliche Kosten und Aufwand gespart, sondern würde die
Wahlbeteiligung erhöht und ein bestmöglicher Schutz für unsere Bürger*innen
(sowohl als Wähler*in als auch als Wahlhelfer*in) gewährleistet werden. Desweiteren
hätten wir landesweit eine einheitliche Vorgehensweise und es wäre auch zu
erwarten, dass das Wahlergebnis früher vorliegen würde.
Es wäre daher wünschenswert, wenn sich der Mainzer Landtag
an das rheinland-pfälzische Motto „Wir machen es einfach“ halten und die
Landtagswahl als Briefwahl durchführen würde.
Karsten Fehr
Bürgermeister VG Unkel
GStB Kreisgruppenvorsitzender Neuwied