Pressemitteilung zu dem Artikel im General – Anzeiger vom 06.11.2020
„Rheinland-Pfalz ermöglicht reine Briefwahl in Krisenzeiten“

Die Überlegungen, die rheinland-pfälzische Landtagswahl am 14. März 2020 als reine Briefwahl stattfinden zu lassen, sind sehr zu begrüßen.

Auch ohne Corona ist es für die Kommunen immer schwieriger geworden, ausreichend Wahlhelfer*innen zu finden. Dies nicht nur bei den Kommunalwahlen, bei denen die Wahlhelfer*innen häufig nicht nur den Wahltag, sondern auch einen großen Teil der Nacht in den Wahllokalen verbringen dürfen. Zwar ist die anstehende Landtagswahl einfacher auszuzählen, doch aufgrund der Empfehlungen des Gesundheitsministeriums wird ein erheblicher personeller Mehrbedarf für die ständigen Reinigungsarbeiten notwendig. So wären z.B. die Wahlkabinen nach jeder Stimmabgabe zu desinfizieren. Desweiteren kommen auf die Kommunen erhebliche Mehrkosten zu, die z.B. durch die anzuschaffenden Plexiglasscheiben („Spukschutzwände“), Hygienemittel, Absperr- und Markierungseinrichtungen entstehen. Ob die weitere Empfehlung, jeder Wählerin und jedem Wähler zur Stimmabgabe einen eigenen Kugelschreiber zu übereignen, sinnvoll ist, mag dahinstehen. Bei den Kommunalwahlen in NRW wurden die Wähler*innen gebeten, einen eigenen Kugelschreiber mitzubringen. Diese pragmatische Lösung stößt in RLP zu meinem Unverständnis leider auf Bedenken, da hierdurch das Wahlgeheimnis nicht mehr gewahrt wird. Die Gefahr, dass man die Stimmabgabe von Herrn oder Frau Mustermann dadurch erkennt, dass sie immer mit lila oder einer anderen ungewöhnliche Farbe schreibt, sehe ich als unbedeutend an. Wer sicher sein möchte, dass das Wahlgeheimnis gewahrt bleibt, wählt dann halt mit blau oder schwarz. Diese Eigenverantwortung sollte man jedem Wähler und jeder Wählerin zutrauen.

 

Das zu wahrende Briefgeheimnis wird auch häufig als Argument gegen eine Briefwahl ins Feld geführt. Es sei nicht gewährleistet, dass die Stimme zu Hause tatsächlich im stillen Kämmerlein abgegeben wird. Das ist zwar richtig, aber meines Erachtens auch nicht unbedingt notwendig. Denn auch hier ist eine Frage der Eigenverantwortung, ob man das Wahlgeheimnis hütet oder (wie insbesondere bei Kommunalwahlen mit den mehr als ellenlangen Wahlvorschlägen üblich) am Küchentisch und ggfs. auch in der Diskussion mit der Familie seine Stimme abgibt. Das Wichtigste ist, dass überhaupt gewählt wird und dass die Stimme persönlich abgegeben wird.

 

Ich bin mir sicher, dass die Wahlbeteiligung durch eine reine Briefwahl erhöht wird. Und auch die persönliche Stimmabgabe ist durch unser Briefwahlsystem gesichert.

Für die Ermöglichung der Briefwahl gibt es m.E. drei Möglichkeiten.

Entweder wird in Wahlkreisen oder Stimmbezirken mit besonders hohen Infektionszahlen die Möglichkeit geschaffen, die Briefwahl verpflichtend durchzuführen. Dies dürfte wegen des zu wählenden Stichtages für die Feststellung der besonders hohen Infektionszahlen und des notwendigen Vorlaufs für eine Brief- oder Urnenwahl schwierig sein.

Oder es wird den Wahlkreisen und Stimmbezirken selbst überlassen, ob sie die reine Briefwahl durchführen möchten. Hier könnte als Stichtag für die Entscheidung bzw. Meldung an den Landeswahlleiter z.B. der 31.12. gewählt werden. Somit würde frühzeitig Klarheit herrschen. Der Nachteil hierbei könnte jedoch sein, dass es auch bei der Durchführung der Landtagswahl einen Flickenteppich in Rheinland – Pfalz gibt, wie wir ihn deutschlandweit schon bei zu vielen Corona-Schutzmaßnahmen erleben mussten.

Schließlich könnte gesetzlich geregelt werden, dass die Landtagswahl 2021 komplett als Briefwahl stattfinden kann. Hierdurch würden nicht nur erhebliche Kosten und Aufwand gespart, sondern würde die Wahlbeteiligung erhöht und ein bestmöglicher Schutz für unsere Bürger*innen (sowohl als Wähler*in als auch als Wahlhelfer*in) gewährleistet werden. Desweiteren hätten wir landesweit eine einheitliche Vorgehensweise und es wäre auch zu erwarten, dass das Wahlergebnis früher vorliegen würde.

 

Es wäre daher wünschenswert, wenn sich der Mainzer Landtag an das rheinland-pfälzische Motto „Wir machen es einfach“ halten und die Landtagswahl als Briefwahl durchführen würde.

 

 

 

Karsten Fehr

Bürgermeister VG Unkel

GStB Kreisgruppenvorsitzender Neuwied

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